Kakudaiho & Shuchuho – Über verschiedene Wege zum gleichen Ziel

— von Olaf T. Schubert —

(Die Unterrichtsstunde fand am 13.4.2020 per Zoom statt, und nach 20 Minuten Meditation und Ki-Atmung, sowie 30 Minuten Üben von Aiki-Taiso und Kitei-Taigi Techniken solo, folgte dieser Ki-Talk von 30 Minuten…) 

Nun, wenn wir Ki-Meditation üben, dann kann man so (hält die Finger zu Toitsu-no-in verschränkt) sitzen, oder man kann die Hände auch ganz normal auf die Beine legen, und wir machen dann kaikudaiho und shuchuho, und dann haben diese zwei Methoden ja eine bestimmte Bedeutung. 

Okay, das heißt wenn wir kakudaiho „machen“, dann sind wir im Onepoint zentriert im Unterbauch, und schließen dann in alle Richtungen immer mehr und mehr Universum ein – wir machen dann ja so… verdoppeln, verdoppeln, verdoppeln… ich schließe immer mehr und mehr Universum ein, in meine Erfahrung, okay? Bis es dann irgendwann so unendlich ist, dass man es sich geistig nicht mehr vorstellen kann, und man bleibt einfach in dem „Gefühl“ alles einzuschließen, das heißt alles ist da drin… … … okay, so das heißt, vom Onepoint aus geben wir uns gewissermaßen dem ganzem Universum hin… okay? So, wenn wir shuchuho „machen“, „machen“ wieder in Anführungszeichen weil wir sitzen ja nur einfach so da, und dann haben wir dieses unendliche Universum, und „reduzieren“ das immer so… halbe, halbe, halbe… das heißt man könnte sagen, man läßt immer mehr weg, und konzentriert sich immer mehr zuerst auf mich, und dann auf mein Zentrum, und dann immer weiter halbe, halbe… so dass man immer mehr zum Zentrum kommt, und dann immer mehr halbe, halbe, halbe… (spricht so, dass alle Teilnehmer die Übung beim sprechen gleich mitmachen können)… … man könnte das auch bezeichnen als alles weglassen, an nichts anhaften… mit nichts identifizieren… immer weiter in die Mitte, immer mehr weglassen, bis da nur noch der unendlich kleiner werdende Onepoint ist… … so dass dann, wenn ich das mal im übertragenen Sinne sage, keine Anhaftungen und keine Identifizierungen mit den Dingen der Welt mehr vorhanden sind… okay? 

So, warum erkläre ich das heute so komisch, so habt ihr das wahrscheinlich noch nicht oft gehört, hmmm, Curtis Sensei hat das mal so erklärt, nicht ganz so detailliert, aber vom Gedankengang her, und… wir waren ja gerade beim Thema Shokushu Nr. 6 gewesen, und in der Diskussion zum Shokushu 6 kam das bei ihm mal auf (Anm.: 31.8.2012), als er erwähnt hat, dass es im Yoga Methoden gibt, die dem nicht nur ganz ähnlich sind, sondern von der Zielrichtung her im Grunde gleich. Er ist damals aber darüber heran gegangen, hat also beim Yoga angefangen, und hat dann die Parallele zum Ki-Aikido gefunden, okay? Ich hab das jetzt mal andersrum aufgezogen, sozusagen ein bisschen „gespoilert“… Es gibt ja verschiedenste Arten von Yoga… Wer das schon gelesen hat, und das sage ich ja nicht zum ersten mal hier, und es ist ja auch kein Geheimnis, dass Tohei Sensei das Shinshin Toitsu Do bei Tempu Nakamura Sensei gelernt hat, und das nun wiederum ist auch gar kein Geheimnis, dass dieser das in Indien gelernt hat, und es ist sogar überliefert, dass das so eine Art Raja-Yoga gewesen sein soll, das aber aus verschiedenen Komponenten bestand, okay? 

So wie auch japanische Künste aus verschiedenen Komponenten bestehen, jede Schule aus verschiedenen Komponenten inhaltlicher Art besteht. Ki-Aikido zum Beispiel besteht aus Meditation, Ki-Atmung, Aiki-Taiso, Ki-Training, Aikido usw. mit bestimmten inhaltlichen Zielsetzungen… Und andere Künste haben ähnliche Komponenten, manche haben nur einige davon, z.B. das Aikido (Aikikai) was wir früher gemacht haben, hatte eigentlich nur einige Aiki-Taiso und vor allem Aikido-Techniken, keine Meditation, keine Atmung, kein Ki-Training… und dann gibts wieder Künste oder Wege die machen nur Meditation, und gehen dann ein bisschen im Dojo, machen Geh-Meditation, und das wars, und dann arbeiten sie noch, putzen, saubermachen – also wenn man im Kloster ist. 

Das heißt aus yogischer Sicht, wenn ich jetzt mal den Bogen wieder schlage, dann haben die auch verschiedene Methoden da drin, okay? Es gibt im Wesentlichen, die Experten sind sich da nicht ganz einig, je nach Betrachtungsweise, aber ich sage mal fünf Arten von Yoga, fünf Wege zum Einssein mit dem Universum. Das eine wäre das Karma Yoga, dass heisst durch selbstloses Tun eins mit dem Universum werden, dass man handelt im Leben, selbstlos, dadurch das Ego immer mehr loslässt, und immer mehr eins wird mit dem Universum. Dann haben wir Kriya Yoga, der energetische Weg, da gehe ich jetzt nicht weiter drauf ein, das geht dann in Richtung Qigong etc.… diese detaillierte Energiearbeit ist nicht so unsere Schiene… Dann haben wir das Bhakti Yoga, da haben bestimmt einige schon mal was von gehört, das ist wenn man sich komplett hingibt, das sind wie es so schön heisst die „Devotees“ (Anhänger/Verehrer), die sich je nach Ausprägung den Dingen der Natur, oder ihrem Guru, oder einer Gottheit, zu Füssen werfen, das heißt das ist eine Methode des Yoga, durch die man auch das Ego loslassen kann, indem man sich komplett einer Sache, oder jemand, einem Gott, oder einem Weg, hingibt. Vorbehaltlos hingibt. Wenn das Bhakti Yoga dein Weg ist, dann musst du dich komplett hingeben. Das hältst du auch sonst gar nicht aus, wenn da Ego noch ist, das mag diese ganzen Übungen nicht, entweder man wird es schnell los, oder man verschwindet relativ schnell. Dann das Raja Yoga, der Weg der Entwicklung und Beherrschung des Geistes durch Meditation. Und dann gibt es noch das Jnana Yoga, das Yoga des inneren Forschens, so würde ich das mal nennen, dass man in sich schaut, nach innen rein, und feststellt was man alles nicht ist. Es ist also quasi das Gegenteil zu Bhakti Yoga, dort schließt man alles ein, gibt sich allem hin, und beim Jnana Yoga ist das genau anders, man stellt fest was man alles nicht ist, alles was ich sehen kann, kann ich nicht sein, das ist ganz klar, wenn ich z.B. diese Glocke sehe, dann sehe ich die und bin die nicht, das ist ganz logisch. Bei der Hand ist es schon nicht mehr so deutlich, ich kann das zwar genauso sehen, aber die ist doch Teil von mir? Aber sie kann mir z.B. nach einem Unfall sogar amputiert werden, sie ist also nicht mehr da, aber ich bin immer noch da, und spätestens dann wird es mir klar, dass ich nicht die Hand bin. Und so geht’s immer weiter rein, Erinnerungen, Gedanken, Konzepte, usw., und wie mit einem großen Besen geht man durch… wusch, wusch… bis am Ende nur noch das universelle Selbst übrig bleibt. Und dann hat man den gleichen Effekt, Einssein mit dem Universum. 

Und Curtis Sensei, wie gesagt, hat das mal verglichen, damals, als er meinte dass das Bhakti Yoga, also alles einschliessen, sich komplett hingeben, entspricht eigentlich dem was wir in der Meditation machen immer wenn wirkakudaiho machen, zum Zentrum schließen wir das ganze Universum ein, okay… das ist ja auch das Gefühl was wir haben, wir nehmen alles mit rein, unendlich… okay? So dadurch hast du quasi den Effekt, jetzt mal für den Verstand als Parallele ausgedrückt, wenn du so gewisse Identifizierungen hast mit bestimmten Ansichten… wir sind ja so als Ego unterwegs, was wir für uns festhalten, je mehr du nun dazu nimmst in diese Welt (zeigt es mit den Armen ganz weit und immer weiter auseinander), umso kleiner und unbedeutender wird das woran du festgehalten hast (zeigt das mit zwei Fingern ganz eng zusammen)… ist das verständlich ausgedrückt? Also wenn da ganz ganz viel drin ist, dann ist das woran ich festgehalten habe so klein und unbedeutend, weil das ganze Universum da ist, so dass man dann im Grunde das Ego hinter sich lässt, weil es so unbedeutend geworden ist, dass es fast verschwindet. Und da sieht man, kakudaiho ist wirklich sehr ähnlich zu Bhakti Yoga, nur eben in einer kleinen Übung auf den Punkt gebracht. 

Und genauso ist das dann umgekehrt bei shuchuho, wo wir uns immer mehr auf das Zentrum „konzentrieren“, und ins unendlich Kleine gehen, das heißt nicht, dass die Welt um uns herum verschwindet, das ist ja auch nicht eure Erfahrung in der Meditation, aber dass ihr da nicht mehr dran festhalten könnt, weil ihr euch ja auf das Halbieren konzentriert. Also das Festhalten an den Dingen da draussen, und selbst an den Konzepten usw., auch alles im eigenen Körper, muss ich loslassen, weil ich „mich“ immer mehr halbiere im Onepoint… … … Das heißt ihr merkt das wenn ihr übt, dann ist in eurem Geist kein Gedanke mehr an… die Schulter, oder das Sofa neben euch, oder an irgendwelche Ideen, das ist alles weg… ja, weil ihr halbe, halbe… im Onepoint seid… das heißt der Geist läßt los, alles was da so ist… okay? Wenn ihr dann „angekommen“ seid am „Ende“ von shuchuho, wo man sich das nicht mehr vorstellen kann, dann haben alle schon die Erfahrung gemacht, das „plötzlich“ das ganze Universum da ist… Ja? 

Das heißt die „Enderfahrung“, von kakudaiho und von shuchuho, ist identisch, das Zentrum im Unterbauch, und das ganze Universum, und alles ist beinhaltet… aber alles beinhaltet im Sinne von: das gehört nicht mir, sondern, es ist einfach alles beinhaltet, aber ohne Jemand dem das gehört. Und alles ist drin, ohne dass ich mich an irgendetwas festhalte, oder mich damit identifiziere, das heißt ich bin Hier, und alles ist drin… Aber ohne ein Ego, das eine Grenze zieht (malt dabei mit den Fingern am Körperumriss entlang)… das bin ich, und das bist du. Okay? So dadurch haben wir… und deswegen hat Curtis Sensei diese Parallele gezogen damals, dass er gesagt hat, schaut mal Leute, diese beiden Arten von Yoga, das ist natürlich für Leute die sich mit solchen Dingen beschäftigen… in der indischen Tradition gibt es Schulen, die sich ausschließlich mit dem beschäftigen, was wir kakudaiho nennen, und dann gibt es Schulen, die sich ausschließlich mit dem beschäftigen, was wir shuchuho nennen, und natürlich haben die dann jeweils noch verschiedene Übungsmethoden in ihrem Bereich, okay? Also was wir machen mit kakudaiho und shuchuho sind im Grunde diese beiden groben Herangehensweisen, beide mit dem gleichen Ziel. 

„Alles einschließen“, und „an nichts anhaften“, ist das gleiche, auch wenn es komplett anders klingt… Okay? Deswegen kann man, wenn man noch als „Ego“ spricht… z.B. als Yogi, und dann spricht man z.B. mit einem Buddhisten, dann könnte es passieren, dass die zwei einfach aneinander vorbei sprechen. Wenn das ein Jnana-Yogi, also ein Jnani ist, dann ist seine Übung… wusch… wusch… (zeigt die Besenbewegung) alles weglassen, das bin ich alles nicht, aber solange der noch ein Suchender ist, der übt auf seinem Weg, und das noch nicht komplett beendet hat, ist er noch immer Jemand der den Weg geht, und das ist für ihn der wahre Weg, so, das muss ich alles weglassen, das bin ich alles nicht… und jetzt spricht er mit einem Buddhisten, der noch nicht Buddha ist, auch noch auf dem Weg ist, da ist also Jemand auf dem Weg, der versucht das alles zu verstehen, die ganzen buddhistischen Konzepte, und der hat im Kopf, ich muss alles einschließen, ich muss alles einschließen… und wenn der dann mit dem anderen spricht, dann könnten sie leicht aneinander vorbei sprechen, weil sie vielleicht denken, häh, du machst ja das genaue Gegenteil von dem was ich mache… wie soll denn das zum gleichen Ziel führen… wenn beide sich aber in der Meditation zusammen setzen würden, ohne Worte einfach zusammen Sein können, und ihren Weg wirklich zu Ende gehen, und das kann man sofort (schnippt mit den Fingern), das machen wir in der Meditation jedes Mal, kakudaiho… bis zum Ende, schwupp… ist keiner mehr da… shuchuho, bis zum Ende, es ist keiner mehr da… Vielleicht kommt dann mal wieder ein Gedanke, aber die meisten werden’s schaffen, wenn ich ansage „shuchuho“, und die Glocke anläute, dass ihr zumindest kurz da mal ankommt, am Ende, dass da wirklich mal Pause im Kopf ist… auch wenn’s nur zwei Sekunden sind, aber es schafft fast jeder, da mal kurz wenigstens anzukommen, das da wirklich mal Ruhe ist… auch wenn die Gedanken dann wieder kommen, aber dass man’s mal gekostet hat, den Zeh mal ins Wasser gedippt hat, okay? … 

So, wenn wir in dieser „Erfahrung“ sitzen bleiben könnten, längere Zeit… und der Buddhist der macht seine Übungen, und ist dann auch da angekommen, auch wenn er z.B. eine Meditation auf einen Karmapa gemacht hat, aber am Ende ist ja auch Einssein das Ziel, das heisst wenn die beide nebeneinander sitzen, dann sind sie beide eins… Haben auch das „Gefühl“ dann… Die könnten dann auch miteinander Aikido machen… obwohl sie auf einem anderen Weg dahin gekommen sind. Ja? Du hast ja auch beim Aikido die Wahl. Du kannst über kakudaiho dahin kommen… und deinen Arm anbieten, und du kannst über shuchuho dahin kommen… und deinen Arm anbieten. (Du kannst auch, was letztlich unser Ziel ist, einfach immer schon da Sein… und deinen Arm anbieten 😉 Also wie du die Einheit mit dem Universum gefunden hast, ist eigentlich unerheblich, Hauptsache du bist da angekommen… 

Okay? So, das wollte ich noch mal „nachschießen“ – zum Thema 6 vom letzten Mal, weil das hatten wir da noch nicht besprochen, aber Curtis Sensei hatte da damals einige Zeit darauf verwendet. Und jetzt letzte Woche mit keiko und shugyo… wir streifen das Thema immer wieder, weil diese beiden Komponenten sind bei uns halt drin, das Shinhsintoitsudo kommt halt daher. Okay? So… gut.

Wenn noch Fragen sind, dann öffne ich eure Mikros… das war jetzt viel seltsame Information, vielleicht neu…

Schüler: Vielleicht sag ich mal was, ich sag ja sonst so wenig… Ja, interessanterweise, zwischen kaikudaiho und shuchuho, früher ist mir das einfacher gefallen, dieses shuchuho zu praktizieren, gerade wenn man sitzt, dass man diesen Onepoint einfach mehr erfährt, alles da rein konzentriert,  das ist mir in der Vorstellung leichter gefallen. Mittlerweile ist es aber so, das ich das andere eigentlich viel interessanter finde, weil man das mehr in der Praxis anwenden kann, also ich jedenfalls. Dass man versucht, alles einzuschließen, und das kann ich super anwenden, ja, zum Beispiel auch in der Firma, oder mit anderen Leuten, wenn jeder versucht auf seinem Standpunkt zu beharren, und den anderen versucht zu überzeugen, dass doch sein Standpunkt der richtige ist. Bei alltäglichen kleinen Streitereien und Missverständnissen, dass wenn man dann einfach versucht größer zu sein, und alles einzuschließen, und sich, und woanders kommt das ja auch vor,  und.. nicht nur sich sieht und auch die Vorstellung des Anderen sieht, das ist nichts anderes als alles einzuschließen, oder zumindest die nächsten zwei Meter einzuschließen, die nächsten Gespräche, und die nächsten Gehirne mit einzuschließen, und die nächsten Vorstellungen, das reicht ja manchmal schon, und schon sieht die Welt ganz anders aus. Ja, also die Erfahrung hab ich, dass ich mich nicht nur auf meinen Standpunkt konzentriere, sondern einfach mal versuche den Anderen mit einzuschließen, schon sieht man die Sache anders, und schon diskutiert man auch anders mit dem Anderen. Und schon ergibt sich die Möglichkeit, dass man vielleicht gemeinsam eine Lösung findet. Also das passiert mir oft, und das bilde ich mir ein funktioniert eigentlich ganz gut. Zumindest in meiner Einbildung (lacht) … 

Ja, aber das ist doch schön. Dann hast du… deswegen haben wir ja zwei Methoden, und wir haben nicht nur zwei, wir haben ja noch mehr Methoden… Aber in der Ki-Meditation, und in der Ki-Atmung, haben wir ja bei beiden Übungen kakudaiho und shuchuhoKakudaiho beim Ausatmen, und shuchuho beim Einatmen. Also bei beiden Übungsformen üben wir das. Okay? Und immer wenn wir mit einem Partner üben, üben wir das auch. Also das wird den allermeisten am leichtesten fallen, dass wenn ihr den Arm anbietet (hält den Arm vor), dass ihr den anderen mit einschließt wenn er euch fassen will, und dann fasst, also das wird euch wesentlich leichter fallen, als das was ich mal, also schon oft, unterrichtet habe, dass ihr eure Person mal komplett weglasst, und einfach neutral anbietet. Da ist kein Olaf. Und das ging auch, könnt ihr euch erinnern? Aber das fällt uns wesentlich schwerer im Alltag, wenn einer uns gegenüber steht und mit uns redet, uns vielleicht verbal angreift, oder beleidigt. Aber wir müssen ja auch hören auf das was er sagt, und dann fällt es sehr schwer das zu machen. Aber… beide Methoden beinhalten immer auch die jeweils andere… Ja? Das heißt, wenn du den anderen einschließt, und seinen Standpunkt, also entweder wenn er dich jetzt hier angreift im Aikido, also dann akzeptierst du ja das was da kommt, oder in der Firma, du akzeptierst den Standpunkt, das was der andere jetzt sagt, du schließt ihn ein, was erfordert das in dir bezüglich deines eigenen Standpunktes? … … Du musst den mal für einen Augenblick beiseite lassen, oder? Wenn du den anderen einschließt, und seinen Standpunkt mal verfolgst was er jetzt erzählt, und sagst, oh ja, das ist auch ein valider Standpunkt, dann hast du doch zumindest für die fünf Sekunden mal deinen eigenen Standpunkt nicht festgehalten… oder? 

Schüler: Sich an die Stelle des anderen versetzen.

Genau. So, das heißt… diese Identifikation mit dem eigenen Standpunkt, das bin ich, solche Meinung hab ich, so möchte ich dass die Welt mich sieht, das hast du doch jetzt zwangsweise mal kurz weglassen müssen, sonst kannst du ihm ja nicht zuhören und mal akzeptieren was er sagt. Das ist das was ich meine… die beinhalten sich beide immer (führt die Finger zur Verschränkung zusammen)… Aber ein Weg fällt dir leichter, und jemand anderes fällt ein anderer Weg leichter. Deswegen thematisiere ich das heute mal. Es kann ja sein, dass hier in der Runde jemand ist, dem der andere Weg leichter fällt. Also, vielen Dank erst mal, dass du das erzählt hast aus deiner Praxis, und ich möchte wetten, viele können sich da drin wiederfinden „ja das kann ich auch gut… da fällt’s mir leichter“. Okay? 

Anderer Schüler: Irgendwie verschmelzen dann beide Wege am Ende… oder sind dann eins…

Ja, genau. Irgendwann ist es dann eins. Ja, das heißt, wenn du zum Beispiel durch viel Meditation… dieses Gefühl… da sitze jetzt ich (Name) und mache eine Übung, wenn das sich auflöst mit der Zeit, dann bist du ja in einem „Zustand“ von „mehr“ Einssein mit dem Universum und weniger (Name). Okay? So wenn du in diesem Zustand jetzt aus dem Haus gehst, und du gehst jetzt so in die Firma, dann triffst du deinen Kollegen mehr als Universum und weniger als Person (Name). Das ist ja der Sinn von der vielen Meditation die wir zu Hause machen. Okay? So jetzt bist du natürlich, weil du weniger Person (Name) bist, also weniger auf deinen eigenen Standpunkten beharrst, ohne dass irgendjemand etwas sagt, einfach so, du bist schon so, ob da einer kommt oder nicht, okay? Und jetzt kommt da einer… so jetzt ist die Chance natürlich höher, dass du das was er jetzt sagt einschliessen kannst, weil du ja von der Grundvoraussetzung her schon weniger festhältst an dem was du für richtig hältst… Okay, so und da… kommen die beiden Wege zusammen… die sind letztendlich der gleiche Weg. Nur andersherum betrachtet. 

Und, andersherum betrachtet, jede Meinung ist nur ne Meinung, alle Meinungen sind genauso valide oder invalide, weil sie sind alle relativ, meine auch. Wenn’s relative Meinungen sind, ne. Nun, wenn Curtis Sensei, oder ich, oder (Name Schüler) unterrichtet… wir müssen ja nicht ausschließlich in dem relativen Zustand sein, ja? Das ist ja das Ziel der Sache, dass wir als Lehrer eher so in diesem Taiga-„Zustand“ (eins mit dem absoluten Universum) sind, und von da heraus reden. Und aus der eigenen Erfahrung heraus sprechen. Und nicht nur Konzepte austauschen. Okay? Das heißt, der verselbständigt sich dann irgendwann mal, der Weg, es wird automatisch ein Weg…  

Es gibt nur ein Einssein mit dem Universum, egal wie du da hin gekommen bist… Ja, und wenn die dann eine Yoga Konferenz in Indien machen… oder in Japan eine buddhistische Konferenz machen, das gibt es auch ab und zu mal, das sie zusammen kommen aus allen möglichen buddhistischen Richtungen, dann hauen die sich nicht gegenseitig die Köpfe ein, sondern da kommen hoffentlich Leute zusammen, die den Weg so weit gegangen sind, dass die Unterschiede der einzelnen Schulen keine Rolle mehr spielen. Das sie so Eins sind, dass sie tatsächlich eins sind, auch mit dem der ein anderes Zen unterrichtet, dass ein Soto-Zen und ein Rinzai-Zen Mensch tatsächlich miteinander Tee trinken können, und das nicht nur ertragen, sondern das geniessen können. Okay? Jede Schule, die sich definiert (malt mit den Händen eine Form), auch Shinshintoitsu Aikido, jede Schule die sich definiert, läuft die Gefahr sich damit abzugrenzen… … Ja, das heißt dieses Alles-Einschließen ist immer Teil des Weges. Okay, das sollte es sein 🙂 Dass man andere Wege akzeptiert, dass unserer nicht der einzige ist der da hin führt… … 

Ja, aber jeder muss natürlich seinen Weg finden, also der zu dir passt, ich bin zum Beispiel nicht als Bhakti Mensch groß geworden, ich kann mich nicht so leicht einfach allem hingeben, auch wenn es besser wird, okay, aber ich weiß in mir ist ein sehr aktiver Verstand, das wird einigen von euch auch so gehen, das heißt ich finde den Zugang, der nach Curtis Sensei’s Analogie dem Jnana Yoga entspricht, also diesem inneren Schauen und dem Erkennen, das bin ich nicht, das bin ich nicht (Anm.: sehr ähnlich zum Zen übrigens), wer bin ich denn, dass man so innerlich schaut und seinen Verstand dafür auch mal sinnvoll nützt… also ansatzweise, denn das ist ja kein Denken, so nach innen zu schauen, das ist zwar schon eine geistige Funktion, aber eigentlich mehr Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, und Erkennen… das liegt mir mehr… okay? Andere Leute sind eher vielleicht so (faltet die Hände), dass sie sich eher anderen Leuten zu Füssen werfen… und andere Leute sind eher so Macher, okay, die müssen machen, machen, machen, dann wäre vielleicht selbstloses Tun dein Weg, was wir ja auch im Aikido machen, Aikido ist ja zunächst Tun, da kommt ein Partner, und mit dem musst du jetzt was machen. Der bietet dir Konflikt, und du musst jetzt was machen. Selbstloses Tun dann also. Das heißt also, es sind im Shinshintoitsu Aikido insgesamt fast alle Methoden enthalten – ist ja auch kein Wunder, wenn man sich Tohei Sensei’s Lebenslauf mal so anschaut. Also, man müsste sich wirklich schon sehr Mühe geben einen Weg zu konstruieren, in dem wirklich nur eine Methode enthalten ist. Das wäre sehr schwer – weil der Mensch ist ja auch immer ein Gesamt-Kunstwerk 🙂  Man kann ja auch von dem Menschen schlecht nur einen Aspekt fokussieren und alle anderen weglassen, wie soll das gehen… ich bring ja immer alles mit. Das wird (Name) auch aus ihrer Richtung genauso kennen (eine buddhistische Linie), wie wir das auch im Ki-Aikido sehen, und wie ich das damals auch beim Taijiquan gesehen hab (hab ich früher mal 10 Jahre gemacht), oder beim Qigong, oder bei verschiedensten Yoga-Schulen, es kommen immer ganze Menschen die alles mitbringen. Das ganze Gepäck… und es ist immer energetisch, es ist immer körperlich, es ist immer geistig, und es ist immer spirituell, und es ist immer universell, ob die Leute das sehen oder nicht, das ist ne andere Frage. Mensch ist immer Mensch…

So, jetzt sind alle in Stille… das ist gut… das heißt alle sind angekommen im Onepoint und in Einheit mit dem Universum… das heißt, dass wir jetzt direkt, ohne dass ihr was ändern müsst… könnt ihr jetzt so sein wie ihr seid… … und wenn wir jetzt einfach noch ein bisschen sitzen und meditieren, dann ist das Meditieren gar keine Tätigkeit, sondern einfach so Sein… damit schlagen wir den Bogen zu Curtis Sensei’s Unterricht von letztem Freitag, do nothing, do no thing… auch wenn wir meditieren, was tun wir da eigentlich? Eigentlich nur so Sein. Nur als Anfänger tun wir verschiedene Sachen… 

Okay? Dann mache ich eure Mikros wieder zu… 

(Schlägt die Glocke…. …. …. )

(Es folgen zum Abschluss der Stunde 10 Minuten stilles Sitzen…)